Vom Goldenen Henkel bis zum Copernicus: Eine extreme aber perfekte Beobachtungsnacht

(c) Daniel Bockshecker(Gastbeitrag von Daniel Bockshecker) Wie ich in meiner bisher kältesten Beobachtungsnacht meine schönsten Mondbilder machte. Es war eine Belastungsprobe für mich und mein Material ganz hart an der Grenze. Es war am Donnerstag, den 02.02.2012, als sich der zehn Tage alte Mond am Nachthimmel zeigte und um 20:13 Uhr kulminierte, also am höchsten stand. Er stand kurz vor dem goldenen Tor der Ekliptik, welches die beiden Sternhaufen der Hyaden und Plejaden bezeichnet. Es schien, als wolle unser einziger natürliche Satellit Jupiter hinterher jagen, der schon etwas weiter westlich stand.

Am frühen Abend war auch die sehr helle Venus gut als „Abendstern“ sichtbar. Das Wetter war schon den ganzen Tag über hervorragend und die Luft absolut klar. Ich freute ich mich schon während der Arbeit die ganze Zeit auf diese Beobachtungsnacht, weil ich zum ersten Mal den ‚Goldenen Henkel‚ fotografieren wollte.

Die Vorbereitungen

Es war ein sehr klarer, kalter Wintertag und die Temperaturen stiegen auch tagsüber nicht über den Gefrierpunkt. Gegen 19:00 Uhr hatte ich Feierabend und als ich kurz darauf zu Hause war, brachte ich ‚Stargazer 1‚, mein Newton-Teleskop Bresser Pluto mit 114mm Öffnung und einer Brennweite von 500mm zum Auskühlen auf meine sehr großzügige Dachterrasse. Anschließend zog ich mich ganz warm an: Dicke Wollkniestrümpfe über die Socken, eine zweite Baumwollhose über die Jeans, über meinen Pullover noch einen dicken Wollpullover und darüber dann noch meine Daunenjacke. Dünne Lederhandschuhe, eine Sturmhaube von der Kartbahn und meine NVA-Wintermütze komplettierten meine Garderobe. So ungefähr müssen sich auch die Astronauten in ihren Raumanzügen fühlen. Es sollte sehr, sehr kalt werden in dieser Nacht. Nun begab ich mich ans Aufbauen. Zuerst baute ich das Stativ für das Teleskop auf und setzte die äquatoriale Montierung und den Tubus auf. Nachdem Ich auch meinen Notenständer mit dem Kartenmaterial aufgebaut hatte, stellte ich meine selbstgebaute Laptopbox zum Schutz des Computers auf den Stehtisch. Wie man sich eine solche Box selbst bauen kann, habe ich ja bereits in meinem Beitrag „Der Bau einer Laptopbox“ beschrieben. Sie spielte in dieser Nacht eine besondere Rolle, da sie den Rechner hervorragend gegen die klirrende Kälte schützte. Nachdem ich meinen Laptop in die Box hineingesetzt und den Deckel verschlossen hatte, konnte nach dem Einnorden der Montierung die Beobachtung beginnen.

Auf dem Bild oben kann man sehen, wie der Aufbau aussah. Links der Notenständer mit dem Kartenmaterial, in der Mitte das Teleskop und ich, rechts die Laptopbox mit dem Rechner. Dieses Bild entstand übrigens in einer anderen Nacht während einer Kaffeepause.

Die Beobachtung

Im ersten Teil einer Beobachtungsnacht beobachte ich immer mit dem Auge am Okular. Der Computer und die Kamera kommen erst danach zum Einsatz, da hierbei die Adaption (Anpassung der Augen an die Dunkelheit) verloren geht. Was ich im Okular sah, war atemberaubend! Ein wunderbar klarer, zunehmender Mond bei bestem Seeing! Es machte auf Anhieb riesigen Spaß höher zu vergrößern und über die Mondoberfläche zu „fliegen“. Ich konnte die Leistung meines Teleskops voll ausschöpfen und bis zu 187,5-fach vergrößern, ohne dass das Bild auch nur im Geringsten unscharf wurde! Fantastisch! Ich konnte mich fast gar nicht satt sehen, an diesem gestochen scharfen Bild und all den feinen Details auf der Mondoberfläche.

Der Goldene Henkel, (c) Daniel BocksheckerFoto oben: Der Goldene Henkel, fotografiert mit dem Newton-Reflektor Bresser Pluto 114/500, dreifach Barlowlinse von Omegon und dem Solarsystem Imager von Omegon, (c) Daniel Bockshecker

Der Goldene Henkel war wunderschön zu sehen. Es ist das Juragebirge (Montes Jura) auf dem Mond, welches die Regenbogenbucht (Sinus Iridum) des Mare Imbrium zu fast zwei Dritteln umschließt. Das Juragebirge entstand durch einen sehr großen Impakt (Einschlag), hat einen Durchmesser von ca. 260km und ist der Überrest einer Wallebene. später wurde diese durch einige Lavaströme geflutet. Bemerkenswert ist auch der dreieckige Schatten, der von dem Berg auf der östlichen Seite der Bucht geworfen wird: Es ist ein nahezu gleichschenkliges Dreieck.

Wallebene Plato und die Alpen, (c) Daniel BocksheckerFoto oben: Die Wallebene Plato und die Alpen, fotografiert mit dem Newton-Reflektor Bresser Pluto, fünffach Barlowlinse von Televue und dem Solarsystem Imager von Omegon, (c) Daniel Bockshecker

Ein schönes Bild bot auch die Wallebene Plato und die Mondalpen (Montes Alpes). Plato entstand ebenfalls durch einen Impakt und hat einen Durchmesser von 109km. Südlich von ihm liegen die Alpen. Sehr gut zu sehen ist auch das Alpental (Vallis Alpes), der lange „Kratzer“, der von nordwest bis südost die Alpen durchzieht. Man vermutet hier einen alten, eingefallenen Lavakanal unter der Mondoberfläche. Die Gebirge auf dem Mond tragen die Namen irdischer Gebirge. Leider gibt es das Siebengebirge nicht auf dem Mond.

Copernicus, (c) Daniel BocksheckerFoto oben: Der Krater Copernicus, fotografiert mit dem Newton-Reflektor Bresser Pluto, fünffach Barlowlinse von Televue und dem Solarsystem Imager von Omegon, (c) Daniel Bockshecker

Sehr schön zu sehen war auch der große Strahlenkrater Copernicus. Mit seinen ca. 800 Millionen Jahren ist er noch sehr jung. Dieses Alter wurde mithilfe den Bodenproben von Apollo 12 datiert. Er hat einen Durchmesser von 93km und seine terrassierten Kraterwälle ragen 3,7km über den Kraterboden, wobei sich die Gruppe der Zentralberge 1,2km über den Kraterboden erheben. Die Geburt von Copernicus muss sehr dramatisch gewesen sein. Der Einschlagkörper (Komet oder Asteroid) ist sehr schnell gewesen und mit einer großen Explosion eingeschlagen. Dabei wurde sehr viel Material ausgeworfen, welches die Strahlen verursacht hat.

So langsam wurde es immer kälter und das Thermometer zeigte schon -10°C an. Höchste Zeit für den zweiten Teil der Beobachtung, der Fotografie. Ich nahm den Deckel der Laptopbox ab, schloss die Kamera an und führte sie in den Okularauszug ein. Auf dem Computerbildschirm erschien nun das „Livebild“ der Mondoberfläche. Mit dem Rechner steuert man die Kamera und somit auch die Belichtungszeit. Es werden kleine Filme aufgenommen, die dann später zu einem Einzelbild hochgerechnet werden. Während ich filmte wurde es immer kälter. Eine dicke Schicht Raureif überzog das Teleskop und die Mondkarten. Innerhalb der Laptopbox war es immer noch -9°C „warm“ und so konnte ich getrost weiter machen. Die Umgebungstemperatur sank immer weiter. Bei -13°C wärmte ich die Kamera mit einem Fön. Vom Astroshop wusste ich, dass sie, genau wie der Computer, Temperaturen bis -10°C aushalten würde. Bei -15°C stellte sich noch ein ganz anderes Problem ein: Das Fett in der Montierung wurde derartig zäh, dass der Nachführmotor es nicht mehr schaffte, die richtige Geschwindigkeit beizubehalten. So langsam wurde es mir auch ein wenig kalt. Immerhin konnte ich 65 Aufnahmen machen, was ohne die Laptopbox und den Fön nicht möglich gewesen wäre.

Die Nachbearbeitung

Nach dem Abbau ging es drinnen weiter. Mit dem Programm Giotto rechnete ich etwa 15 Filme zu den gewünschten Fotos hoch, bearbeitete sie und war hochzufrieden. Drei Bilder dieser Beobachtung sind oben zu sehen. Mittlerweile ist es schon spät geworden, es war 03:45 Uhr und ich ging ins Bett. Am Nächsten Tag war ich auf der Arbeit zwar hundemüde, aber überglücklich! Ich freute mich schon darauf, abends die restlichen Bilder hochzurechnen, es war ja schon wieder bewölkt. Es war eine perfekte Nacht, mit einer tollen Bildausbeute. Diese Beobachtung wird mir immer in Erinnerung bleiben.

Clear Skies!

Euer Sternfreund Daniel Bockshecker

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