Phönix aus der Asche? – Über die Wiederbelebung eines alten Teleskops, Teil 1

Celestron 8, (c) C.PreußVor einigen Wochen erreichte mich eine eMail. Eine Dame schrieb mir:“Mein Vater hat da so ein altes Sternenrohr im Keller liegen und möchte es den Sternfreunden Siebengebirge schenken. Haben Sie Interesse?“ Gut, dass ich mich daraufhin bei ihr zurückgemeldet habe. Bei dem ‚Sternenrohr‘ handelte es sich nämlich um ein rund 30 Jahre altes Celestron 8 (20 cm Spiegeldurchmesser mit 2 Metern Brennweite) Schmidt-Cassegrain-Teleskop!

Schnell vereinbarte ich einen Besichtigungstermin beim Besitzer des Teleskops in Lohmar. Das alte Celestron 8 war leider in einem erbärmlichen Zustand. Mir kamen fast die Tränen als ich es sah: Völlig verdreckt, auch auf der Schmidtplatte, lag es im Keller. Ein Selbstbaustativ und weiteres Zubehör, teils selbstgebaut, lag in Tragetaschen bei. Es machte keinen guten Eindruck, aber mein Blick auf den Hauptspiegel weckte in mir die Hoffnung, dass man es vielleicht retten und wiederbeleben könnte. Da der Besitzer es auf den Schrott(!) werfen wollte, wenn ich es nicht mitnehme, habe ich alles ins Auto gepackt und es dankend mit nach Hause genommen. Ich kannte ja einen Sternfreund, der handwerklich sehr geschickt ist, und dem ich das Teleskop gerne überlassen wollte. Ich fragte mich: Wird das alte Teleskop doch noch sein „Second Light“ erleben oder ist es am Ende doch ein Fall für die Schrottpresse?

Lesen Sie hier nun den Zweiteiler über die Wiederbelebung eines alten Teleskops von Daniel Bockhecker (…)

Teil 1 – Phönix aus der Asche?

(Gastbeitrag von Daniel Bockshecker) Christian teilte mir per Email mit, dass er mir das C8 (C steht für den Hersteller Celestron, 8 für den Spiegeldurchmesser 8″=203mm) überlassen würde, wenn ich es aufarbeite. Wir vereinbarten einen Termin und ich fuhr zu ihm, um es mir einmal anzusehen. Als Christian den originalen, alten Celestron-Koffer öffnete, lag die Optik des C8 aus den 1980er Jahren in einer Gabelmontierung vor uns.

Foto oben: Der erste Anblick der Teleskop-Optik im Koffer (c) C.Preuß

Stativ mit Polhöhenwiege

Foto links: Das Stativ mit der Polhöhenwiege (c) C.Preuß

Der erste Eindruck war sehr ernüchternd. Es hat wohl bereits seit Jahrzehnten im Keller des Vorbesitzers gelagert, und das nicht gerade unter Optimalbedingungen. Die Abdeckkappe war nicht aufgesetzt, so dass sich von außen Staub und Dreck auf der Schmidtplatte absetzen konnten. Sämtliche Zubehörteile, wie Okulare, Spiegel, das Leitrohr, die Steuerelektronik und diverse andere Teile schlummerten einen jahrzehntelangen Schlaf in Stoffbeuteln und Plastiktüten. Auch sie waren in einem erbärmlichen Zustand. Der 2″ Zenitspiegel war sogar das Zuhause einer Spinne. Der Anblick tat uns in der Seele weh. Einzig das Stativ mit der Polhöhenwiege sah noch ganz passabel aus. Es ist, wie so vieles andere, ein Eigenbau.

Ich werde viel Arbeit, Zeit und Liebe hineinstecken müssen, um es wie Phönix aus der Asche auferstehen zu lassen, das war mir klar. Eine große Herausforderung, wie ich sie liebe, also nahm ich sie an. Nach dem Transport zu mir machte ich mich gleich an die Bestandsaufnahme, um mir einen Überblick zu verschaffen. Anschließend setzte ich die einzelnen Komponenten zum ersten Mal zusammen, um zu sehen, ob alles passt und vorhanden ist. Und das war Gott sei Dank der Fall.

Die Optik

Nachdem alles auf Vollständigkeit überprüft war, ging es nun an die Optik. Von außen erkannte ich, dass der Hauptspiegel des 8″ Schmidt-Cassegrain-Teleskopes einen recht guten Eindruck machte. Die Schmidtplatte hingegen war jedoch sehr stark verschmutzt, musste also gereinigt werden, wollte man wieder astronomische Beobachtungen mit diesem Gerät machen.
Dazu recherchierte ich im Internet, wie es funktioniert. Auf der Seite der Sternwarte Harpoint wurde ich schließlich fündig. Dort gibt es ein PDF-Dokument, in dem die Reinigung sehr detailliert beschrieben wird.
Dazu musste ich jedoch die Schmidtplatte abnehmen. Um den genauen Sitz festzuhalten, setzte ich mit einem weißen Markierstift Markierungen auf die Platte, den Haltering und den Tubus in einer Linie, damit sie später wieder exakt in der gleichen Position eingebaut werden kann.

Dann schraubte ich Platte und Haltering los. Bei diesem Arbeitsschritt ist genauestens darauf zu achten, an welcher Stelle die Korkplättchen sitzen, mit denen die Schmidtplatte gehalten wird. Sie sind seitlich auf die Platte aufgeklebt. Der Sitz jedes Plättchens wird genau markiert, um sie später wieder exakt an der richtigen Position wieder aufzukleben. Das ist ganz wichtig, da die Schmidtplatte auf den Hauptspiegel genau abgestimmt ist.

Markierungen SchmidtplatteFoto oben: Ganz wichtig… Vor der Demontage alles genau markieren! (c) Daniel Bockshecker

Nur in der Original-Position bringt das Teleskop später wieder die volle Leistung. Nachdem ich die Korkplättchen und die Schrauben in eine Dose gelegt habe, zog ich mir Latexhandschuhe an, und spülte das Talkumpulver der Handschuhe unter fließendem Wasser ab, da es sich sonst in der Optik wiederfindet. Danach trocknete ich sie gut ab. Latexhandschuhe sind wichtig, da man mit ihnen Fettflecken von den Fingern auf der Platte vermeiden kann. Außerdem verhindern sie zuverlässig, dass einem die Platte aus den Händen gleiten kann. Als ich die Schmidtplatte herausgenommen hatte, sah ich zu meiner Freude, dass der Sekundärspiegel in nahezu perfektem Zustand war.

Ich füllte eine vorher gereinigte Kunststoffkiste mit warmen Leitungswasser und gab einen guten Schuss Spülmittel hinzu. Darin versenkte ich nun die verdreckte Schmidtplatte. Zwanzig Minuten ließ ich sie im Wasser, damit das Spülmittel seine Arbeit tun konnte, nämlich den gröbsten Schmutz zu lösen.

Schmidtplatte im ReinigungsbadFoto oben: Die Schmidtplatte mit Sekundärspiegel in der Spülmittellösung, (c) Daniel Bockshecker

Anschließend holte ich sie wieder heraus und spülte sie mit destilliertem Wasser ab, damit keine Kalkrückstande aus dem Leitungswasser zurückblieben. Mit einer Luftpumpe mit kleinster Spitze blies ich das Wasser von dem Glas. Das geht ganz gut, da man die Wassertropfen mit der Spitze zum Rand hin „treiben“ kann, wo sie dann einfach weggeblasen werden. Anschließend füllte ich Isopropylalkohol, auch als Isopropanol bekannt, (erhältlich in jeder Apotheke) in eine vorher gereinigte Sprühflasche. Mit dem reinen Isopropanol sprühte ich die Schmidtplatte komplett ein. Isopropanol ist ein sehr starker Fettlöser, besonders gut, wenn sich Pollen abgesetzt haben. Nach ganz kurzer Zeit spülte ich die Schmidtplatte wieder mit destilliertem Wasser ab und blies sie wieder trocken. Das Ergebnis war schon recht gut. Da die Verschmutzungen aber sehr stark waren, war noch nicht alles sauber. Ich wiederholte die gesamte Prozedur noch zwei mal, bis ich ein gutes Ergebnis hatte. Ganz rein ist die Schmidtplatte nicht geworden, doch sehr, sehr viel sauberer.

Da der Tubus gerade geöffnet war, blies ich mit der Luftpumpe den Hauptspiegel ab, um etwaigen Staub zu entfernen. Weil der Tubus und von innen und das Blendrohr von außen nur mit einem dunkel-anthrazitfabenen matten Lack gegen Reflexionen geschützt war, beklebte ich beide mit schwarzem Velours. Da schwarzes Velours extrem schlecht reflektiert, wird das Bild im Okular wesentlich schärfer und kontrastreicher, da Reflexionen nahezu ausgeschlossen werden. Gerade für Sternfreunde, die in Gegenden mit Lichtverschmutzung beobachten, ist das eine interessante Sache. Wie genau das Auskleben funktioniert, habe ich in meinem Beitrag „Mehr Leistung aus dem Newton-Teleskop“ beschrieben.

Teleskoptubus ohne und mit VelourFoto oben: Die Tubusinnenseite ohne (obere Abb.) und mit schwarzem Velours (untere Abb.), (c) Daniel Bockshecker

Als letzten Arbeitsschritt an der Optik des Celestron 8, zog ich wieder die Latexhandschuhe an und montierte die Schmidtplatte wieder in den Tubus. Zuerst klebte ich die Korkpättchen mit Hilfe der zuvor gemachten Markierungen wieder genau an ihre vorherige Position. Dafür verwendete ich ganz einfachen Haushaltskleber. Danach setzte ich die Schmidtplatte wieder in den Tubus und legte den Haltering aus Aluminium davor. Dank der Markierung war es ein Leichtes, alles wieder in seine angestammte Position zu bringen. Danach drehte ich wieder die Schrauben hinein und alles saß wieder fest. Fertig.

Die saubere und wieder eingebaute Schmidtplatte des Celestron 8Foto oben: Die saubere Schmidtplatte des Celestron 8 nach der aufwendigen Reinigungsprozedur und dem genauen Wiedereinbau in das Teleskop, (c) Daniel Bockshecker

Nun bin ich gespannt, ob sich die gereinigte Optik am Sternhimmel beweisen kann und in welchem Zustand der Rest des Teleskops ist.

Bleiben Sie neugierig! Die Fortsetzung finden Sie hier: Phönix aus der Asche! – Über die Wiederbelebung eines alten Teleskops, Teil 2

Euer Sternfreund Daniel Bockshecker

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